Lumen Tenebris | Konzept


Siehe, sie haben eine Stimme



Abb.: Siehe, sie haben eine Stimme;
Kloster Lehnin



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1. Einleitung

Die Erzählung vom babylonischen Turmbau ist das Schlussstück der biblischen Urgeschichte. Diese lässt sich die religiöse Entwicklung der Menschheit zweimal nach dem gleichen inneren Gesetz wiederholen: einer fortschreitenden Gottesentfremdung folgt zuerst das Gottesgericht durch die Sintflut, durch die Völkerverwirrung. Die Gottesentfremdung nach der Sintflut erreicht nach dem biblischen Schriftsteller ihren Höhepunkt im Turmbau zu Babel. Die Sünde der Menschen besteht wieder in menschlicher Hybris, die die von Gott gewollte Grenzen überschreiten. Diesen gottwidrigen selbstüberheblichen Geist sieht der Verfasser verkörpert in den himmelanstrebenden Bauten, namentlich dem riesigen babylonischen Tempelturm von E-temen-an-ki zu Babel, dem Typus des gottfeindlichen Weltreiches. Das Einschreiten Gottes gegen jene Macht wird in anthropomorpher Redeweise dargestellt. Indem Jahwe die Sprache der Völker verwirrt, wirft er auf die müheloseste Weise den menschlichen Übermut zu Boden. Die Sprachverwirrung ist also nicht das Ziel der Erzählung, sondern innerhalb derselben nur das Mittel, wodurch die göttliche Weltregierung allem menschlichen Machtstreben eine sichere Grenze gesetzt hat. Die im Anschluss daran gegebene Deutung des Namens Babel ist wahrscheinlich als bewusster Gegensatz gegen die babylonische Deutung (bab-ili = Tor Gottes) gedacht

Die Sprachverwirrung ist also nicht als Ziel, sonder als Mittel zum Zweck zusehen. Als Schutz vor dem menschlichen Hochmut, der Selbstüberschätzung und der daraus resultierenden Gottesentfremdung. Eine Thematik, die sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht und auch heute äußerst aktuell ist. Hier sein nur am Rande die Genforschung und Genmanipulation als auch Atomwaffen-Programme; und es ließen sich viele Bespiele aufzählen, erwähnt.

Und doch gibt es eine Sprache, die alle Menschen erreicht, die Brücken schlägt zwischen den unterschiedlichsten Kulturen und Kulturkreisen, ein friedliche und nicht in ihrem Potenzial zu unterschätzende Sprache: die Musik.

Musik ermöglicht auf einfache und direkte Weise den Kontakt zwischen den Kulturen, den Menschen untereinander: »Seht nur, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle. [...] Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen.« Um die erklingende Musik, die Aussagen der Inhalte, visuell zu unterstützen wird diese in einer Lichtinstallation zusätzlich umgesetzt.

2. Musik

Über den Ursprung der Musik gibt es verschiedenen Theorien. So glaubt man in der Nachahmung von Liebeslockrufen der Vögel, in anfeuernden Rufen bei gemeinschaftlicher Arbeit, in Jagd- und Kampfrufen, Ausrufen des Entzückens oder Totenklagen Urimpulse der Musik zu erkennen. Manches scheint dafür zu sprechen, doch sind Rufe noch nicht Musik. Erst wenn derartige Rufe sich zu Tonmotiven von bestimmter Tonhöhe festigen, können sie zu Keimzellen musikalischer Geschehens werden; erst durch gewollte Wiederholung werden sie über das bloß Triebhafte oder zufällige hinausgehoben, und erst in Verbindung mit freien oder periodischen rhythmischen und formalen Gliederungen wird aus solchen Motivketten Gesang, gestaltete Musik.

Den Funden aus vorgeschichtlicher Zeit entspricht vieles, was man bei den Naturvölkern schon feststellte. Wenn man aus der musikalischen Verhaltensweise der Naturvölker Rückschlüsse zu ziehen versucht auf die Ursprünge der Musik, so ist hierbei auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass die Kulturen der Naturvölker ontologisch denen der geschichtlich übersehbaren Gemeinschaften nicht nach-, sondern nebengeordnet sind. Sie bieten keine echte Analogie zum vorgeschichtlichen Sein etwa im Abendland, wohl aber Beispiel für andere Erscheinungsformen geschichtslosen menschlichen Seins überhaupt.

Es lassen sich ergo aus der Beobachtung der Naturvölker immer nur Hypothesen über das Wesen des vorgeschichtlichen Seins aufstellen; Hypothesen, die gewisse Vorstellungen vermitteln können vom mutmaßlichen Werden menschlicher Kulturen innerhalb jener Zeiträume, die der direkten Forschung entrückt sind. Dies gilt für die Musik als Bestandteil jeder Kultur.

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